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Mittwoch, 14. Januar 2015

Mein TTAT - Der TupperTantenAlbTraum

Eigentlich wollte ich diesen Post mit einem kleinen Maffay-Zitat beginnen. 
Aber außer dass tatsächlich Sommer war, fand ich es jetzt doch unpassend. 
Stattdessen summe ich nun "Und es war Soooohoooommer....ich war erst 16.....".

Und wenn ich es mir richtig überlege, stimmt selbst das gar nicht. 
Es war nämlich Frühling. 
Frühling 1999!

Ich wohnte bei meinen Eltern, hatte meine damalige Vespa gerade für meinen ersten eigenen Pkw "eingetauscht" und steckte mitten in den Abiprüfungen. 

Und dann kam sie: Die Tupperparty bei meiner Mutter, jener meine damals beste Freundin und ich beiwohnten. 
Und auf jener wir die Tuppertante unseres Verderbens kennenlernen sollten...
Denn eh wir uns versahen, waren wir zwei Angeheuerte. 
Schmackhaft gemacht durch "Ihr könnt euch eure erste Ausstattung ertuppern" über "ihr bekommt vom Umsatz der Parties xy Prozent" bis hin zu "Schaut mich an, es macht große Freude und man kann seine Zeit frei einteilen", begann unser lächerlicher Ausflug in die Welt der Tupperberaterinnen. 
So richtig in echt. 
Weiß der Geier was uns damals geritten hat...
Auch Quatsch: Der Geier weiß es. Ich aber auch. Geld. Schlichtweg hörte es sich toll an mit buntem Plastik sich als arme Abiturientin und bald Studentin etwas dazuverdienen zu können. Und es klang ja alles so einfach...

Unsere Anwerberin war von nun an unsere Gruppenleiterin. 
Diese forderte von uns, dass wir wöchentlich an ihren Zuhause veranstalteten Gruppentreffen teilnehmen mussten. 
Und wir taten wie uns geheißen und so saßen wir beiden Grünschnäbelinnen inmitten von 10 gestandenen Hausfrauen, knabberten Paprika und Möhrchenschnitze und dazugehörige Dips aus Tupperrezepten und dachten noch: "Alles ganz easy hier!". 
Die Gruppenleiterin, bestückt mit fünf Kindern und einem Mann, der uns von nun an ganz gerne im Herrenslip (und sonst nüscht. Wirklich NÜSCHT!) die Tür öffnete, amüsierte anfänglich eher als dass er uns abschreckte, machte einen netten Eindruck und so ahnten wir nicht ansatzweise in welche Falle wir getappt waren...

Ich tupperte mich einige Male durch meinen Freundinnenkreis, bzw. durch die Häuser der dazugehörigen Mütter, denn wir wohnten ja alle noch daheim. 
Meine Mutter und ihre Freundinnen gaben mir ebenfalls die Möglichkeit ein bisschen herumzutuppern und so machte ich meine ersten Umsätze und fuhr an einem Montag erstmalig zum wöchentlichen Niederlassungsabend. 
Dies ist war eine Veranstaltung der besonderen Art, an der man teilzunehmen hatte (allein deshalb, weil man an dem Tag seine Bestellungen abgab und entgegennahm)! 
Und so fuhren die Freundin und ich geschmeidige 70 km zur Niederlassung, der unsere Gruppenleitung und demnach auch nun wir angehörten. 
Man traf sich mit etlichen Frauen in einem Raum. 
Niederlassungsleiter war ein Ehepaar mittleren Alters, der dazugehörige leicht debil wirkende etwa 30jährige Sohn stand in einem Kabüffchen neben der Bühne und spielte bei jedem Beifall und "Event" einen seiner Schlagerhits, zu denen frenetisch gejubelt und geklatscht wurde. 
Zu Anfang standen alle Frauen. Es wurde Wochenumsatzhöhen genannt wie bei einer Auktion: "Wer bietet 250 €?"!
Diejenigen, die stehen blieben, wurden weiterhin beklatscht. Es ging immer höher, bis die letzten drei Tuppertanten mit dem höchsten Umsatz nur noch standen. 
Diese wurden dann nach vorne geholt, ihnen wurde von Chefin und Chef persönlich die Hand geschüttelt und Kollege Dj drehte so richtig laut auf. 

Dann ging es zu den Leckerbissen. 
Den Ködern. 
Den Heißmachern. 
Denn die Gruppenleiterinnen wurden nochmal seperat geehrt. Für ihre Neuerwerbungen, für den Umsatz der Gesamtgruppe und so weiter...
Durch unsere Neuanwerbung wurde bekannt, dass unsere Gruppenleiterin sich ein Wochenende nach München zum Deutschlandtuppertreffevent verdient hatte. Dementsprechend freundlich war sie uns gegenüber. 

Es ging ein paar Wochen ganz gut, ich tupperte mal hier, mal da, doch dann gingen mir die Freundinnen und Mütter aus. 
Die Gruppenleiterin schlug am Telefon einen immer härteren Ton an und forderte von mir und meinen entspannten 19 Jahren Einsatz. Viel Einsatz. Mindestens drei Parties in der Woche. 
Parties waren kein Problem. Ich hatte gerade meine schriftlichen Abiprüfungen hinter mir und war da ziemlich gut drin. 
Aber ganz offensichtlich waren da andere Parties gemeint.

Sie verlor immer mehr ihre Contenance und als sie uns während einer dieser Pflichtveranstaltungen hasserfüllt anschrie: "Habt ihr das gehört??? Mir fehlen noch 15 Parties von Neuen, also von euch beiden, dann bekomme ich eine neue Waschmaschine!! Also seht zu!!!", da wusste ich: Meine Reise in die Welt der Tupperberaterinnen ist hier nun zu Ende! 

Mir war das zu viel Druck. Zu viel Gruppenzwang. Zu künstlich. Zu so gar nicht, wie ich drauf war passend. 
Ich war keine dieser Frauen, die sich damit ihren Lebensunterhalt verdienten. Ich war nicht mal (jetzt kann ich es ja getrost sagen) NE RICHTIGE FRAU. Ich war Mädchen. Schülerin. Bald mal irgendwann Studentin. Ich war wild. Und partylöwig. Rebellisch. 
Und vor allem war ich keine Hausfrau. Ich erzählte meinen Gastgeberinnen und deren Gästen vom praktischen Einsatz der Mikrowellenkanne: "Meine Güte, damit macht man herrlich praktisch in Nullkommanichts Pellkartoffeln!" und hatte das selbst in Mutters heimischer Küche aus Bequemlichkeitsgründen nicht mal ausgetestet. 

Jedenfalls wurden die Anrufe nun zum Spießrutenlauf. Mindestens einmal täglich  zuckte ich zusammen, wenn die Nummer des Gruppendrachens erschien. 
Sie tobte. Schrie. Beleidigte. Und ich fühlte mich schuldig, dass ich keine Gastgeberinnen hatte. Keinen Umsatz mehr. Und vor allem: Dass es überhaupt nichts für mich junges Ding war. 

Meiner Freundin ging es ebenfalls so, aber auch sie traute sich nicht abzuspringen. Ich glaube insgeheim graute uns davor, dass der Schlüpfermann mit seinem Drachen uns heimsuchen könnte, denn sie kannten ja unsere Adressen...

Irgendwann, nach weiteren Terrortagen, nahm ich meinen Mut zusammen, kramte meine überzeugende Großfressigkeit raus und rief sie an. Ich sagte ihr im Namen von uns beiden, dass wir das nicht mehr  machen möchten, weil es nichts für uns wäre. 
Sie flippte völlig aus. Faselte was davon, dass sie ihre Waschmaschine wegen uns jetzt vergessen könne, spuckte Gift und Galle und knallte letztlich den Hörer auf. 

Wir waren der (Tupper)Hölle nochmal glimpflich entkommen. So sah ich es damals. 

Heute - mit vielen Jahren Abstand (OMG, bin ich alt) - bin ich dankbar für diese Erfahrung. Sie hat mich gelehrt, wie froh ich darüber sein sollte, dass ich nicht tagtäglich einem solchen Druck ausgesetzt bin, um mir mein Brot zu verdienen. 

Liebe Tupperwareberaterinnen,
ich hoffe, dass sich eure Bedingungen (ich befürchte allerdings eher Gegenteiliges) verbessert haben?!

Ich für meinen Teil kenne nun den Blick hinter die Kulissen und bin seitdem wirklich schockiert, was man dort erleben kann (nicht zwangsläufig muss!).

Ich habe dann übrigens altersgerechte und meinem Typ entsprechende Nebenjobs (Zeitungsverlag, Ingenieurbüro, Nachhilfe...) ausgeübt! ;)

So, dass war ein Schwank aus meiner aufregenden Jugend. 

Wenn ihr das nächste Mal tuppert, denkt ihr vielleicht an mich? Wäre das nicht etwas ulkig? ;)

Eure Ex-Tuppertante Penny,
und zwar die, die gestern vom Kinderarzt mit den Worten: "Dass das Minimolekül keine so junge Mutter mehr hat, ist wirklich gut und man merkt es einfach. Sie sind sehr gelassen und ruhig!" verabschiedet wurde und noch jetzt darüber nachdenkt, ob er Streit mit mir will? ;)

❤️


   


6 Kommentare:

  1. OOOOOMMMMMMGGGGG!
    Herrjeee....ich hab aber tatsächlich ähnliches gehört. Vor allem von Events, auf denen eine neue Schüssel vorgestellt wurde und diese in extatischem Jubel beklatscht wurde...wuhuuuuu.....nein ich bin keine Tupperfanin und ich habe (nach der Ausmistung) genau noch 5 Tupperschüsseln. 4 davon sind die Pauseboxen meines Mannes und eine davon trug ich letztens in den Keller. So ein Warmhalteding. Dreimal benutzt oder so...desweiteren besitze ich den Tupperware Spätzlehobel und er - ich gebe es zu ist voll toll! Wärst du meine Tuppertante, dann hätte ich vermutlich nur Tupper in meiner Küche ;) Aber ganz ehrlich ich bin froh, dass du "gekündigt" hast. Das ist ja fürchterlich...Na immerhin denke ich jetzt auch noch beim Pausebrotrichten an dich ♥
    So nun zum Kinderarzt....ja ich denke er will Streit mit dir ;)

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  2. Meine liebe Ex-Tupper-Penny, ich war in meinem Leben genau 2 x auf einer Tupper-Party und das auch nur, weil ich meine Freundinnen, die Gastgeberinnen waren, unterstützen wollte. Genau wie die liebe Wünschi besitze ich den Spätzlehobel, den ich ebenfalls toll finde :) sowie den Milchaufschäumer der auch echt supi ist. Mehr jedoch nicht und damit kann ich sehr gut leben :) Ich habe es auch schon von einer Bekannten gehört, dass die Gepflogenheiten genau mit den von Dir beschriebenen übereinstimmen und finde das wirklich krass!!! Vor allem, wenn diese Beraterinnen selbst sooooo überzeugt sind und man dann doch gern mal wissen möchte, wie es bei ihr hinter den Kulissen aussieht. Dank Dir, bin ich darüber nun bestens informiert und irgendwie auch nicht überrascht. Ich habe in meiner Wenigverdienerzeit Pizza ausgefahren für krasse 4,10 € die Stunde - ob die jetzt Mindestlohn zahlen? :-)

    Ich bin froh, dass Du da glimpflich den Absprung geschafft hast. Dicker Drücker und zum Kinderarzt kann ich Dir nur sagen, dass auch ich der Meinung bin, dass er Stunk sucht :-)

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  3. Ach Penny - ich habe leider keine Ahnung von solchen Parties und wenn man im TV solche Parties sieht, dann geht es eher in die Richtung von "Spielzeug" und Schlüppies - du weißt was ich meine ^^
    Deine Erfahrung mit dem Verein wertzuschätzen verstehe ich durchaus - ich habe irgendwann mal auch in meiner Jugend bei einem Gewinnspiel von "Der Club" mitgemacht und BÄM hatte ich einen Abovertrag abgeschlossen - meine Mutter ist zum Glück in Widerspruch gegangen aber es hat mich gelehrt, dass ich mir immer durchlese was ich da so unterschreibe...

    Über deinen letzten Satz musste ich ganz schön schmunzeln! Herrlich!

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  4. Liebe Penny,
    ich werde mich jetzt als Tupper fanin outen. Mein Küchenschrank ist voll damit. Ich gehe gern auf Tupperparties und habe selbst schon viele geschmissen, als Gastgeberin. Als Tupperberaterin möchte ich dennoch niemals arbeiten, meine Freundin hat das jetzt angefangen, ihr macht es Spaß, aber was sie so erzählt, nein Danke ich nicht. Da schmeiß ich lieber nur Parties. ;-)

    Man gut, dass du da noch mal so einen guten Absprung geschafft hast!

    Ps: Lass dich nicht von dem Kinderarzt ärgern. ;-)

    LG Carinchen ♥♥♥

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  5. Hallo Penny!
    Danke für den Einblick in die Tupperwelt. Das klingt ja schon fast nach Sekte, was die da veranstalten. o.O
    Ich war in meinem Leben einmal auf einer Tupperparty. Das war vor etwa einem Jahr bei meiner Freundin. Ich hab mir dann das Kartoffeldepot bestellt und ich weiß nicht, ob ich nicht sogar ein schlechtes Gewissen bekommen hätte, wenn ich nichts gekauft hätte. o.O
    Ganz schön eigenartig diese Atmosphäre.
    Na, der Arzt ist ja mal der Hammer. :D Ich finde du bist im besten Alter! :)

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  6. Meine Fresse, das waren ja Zustände. Könnte man mit meinem Ausflug in ganz jungen Jahren ins Amway-Land vergleichen o.O
    Und ich bin ebenfalls sehr froh, da raus zu sein. Naja. Bei so manchen Dingen ist man doch einfach nur froh dass man da wieder raus ist ;)
    Allgemein muss ich zugeben, hab ich sehr wenig mit Tupper am Hut. Das ein oder andere Teil findet sich in meinem Küchenschrank, aber generell bin ich nicht (mehr) so die Plastik-Fanin.

    Nun zum Arzt. Was meint der bitte mit "nicht mehr ganz so jung"?? Hmm. Kann ich mir nun wirklich nicht erklären. Also mal so gar nicht. ♥

    Drück dich feste ♥

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