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Sonntag, 27. Juli 2014

Wie isset? Muss! Und selbst? - Willkommen im Pott

Vorweg:
Dieses neue kleine, ach wirklich so winzige Familienmitglied hat mein Herz selbstverständlich im Nu erobert. 
Wie sie da so auf meiner Brust angekuschelt schlummerte. Wunderschön. 
Es ist etwas Besonderes. Meine Sandwichi-Schwester ist nun Mama. Wie krass. Und doch auch NORMAL. 

Zum Thema:

Wer mich nun seit Wochen ein miniminimales Bißchen extrem annervt, ist unser lieber Nachbar.
Wer es nicht weiß, unsere muslimischen Freunde sind gerade mit Ramadan beschäftigt. Das entspricht in etwa der Fastenzeit, jene wir Christen zwischen Aschermittwoch und Ostern (wenn wir es denn zelebrieren) einläuten. 
Ich persönlich habe mit der Fastenzeit ja meine Probleme. Auf Kommando nicht essen? Undenkbar. 
Die Moslems dürfen bis zum Sonnenuntergang nichts zu sich nehmen. Dazu gehört eben auch reine Flüssigkeit. 
Da hier der Beginn des Ramadans meist in der Schulzeit liegt, führt das nicht selten zu dehydrierten Jugendlichen. Vor allem Mädchen leiden oftmals sehr darunter, dass sie keine Flüssigkeit zu sich nehmen dürfen und die Jungen ächzen und stöhnen stets mit Kopf auf dem Tisch, dass sie müde seien und sich eh nicht konzentrieren könnten. 
Ich weiß manchmal nicht wie ich darauf reagieren soll. Einerseits verstehe und respektiere ich religiöse Traditionen als solche, anderseits finde ich, dass die Schule nicht darunter leiden sollte.
Tut sie aber. Denn in diesen Wochen kommt es immer zu ausgiebigen Familienessen mitten in der Nacht. Man trifft sich, die türkischen Mütter stehen tagsüber dafür stundenlang in der Küche und kochen die leckersten Speisen (Und ich schwöre es schmeckt wirklich fantastisch. Ein weiterer Vorteil, wenn man an meiner Schule unterrichtet. Da kommt man gerne mal in den Genuss des besten Börek!). Es wird zusammen gegessen und gebetet. Alles wie gesagt spät abends und ganz früh am Morgen. 
Da es sich meist um die letzte Schulwoche vor den Sommerferien handelt, in der ich vermehrt Schlafmützen in den Klassenzimmern vorfinde, lasse ich weitestgehend Milde und Güte walten. Ich bin ja nicht so. Nicht immer.
Was mich aber regelmäßig wirklich wütend macht, sind in Ohnmacht fallende Mädchen. Fix und fertig. Das kommt mir zu oft vor. Erst in der letzten Woche dieses Schuljahres kam eines der Mädchen meiner Durchgeknallten drei Tage nicht zur Schule, weil sie wegen eines Schwächeanfalls im Krankenhaus gelandet war. Der Arzt dort stellte fest, dass sie aufgrund eines Herzproblems einer zu großen Belastung ausgesetzt werde, verbot das Fasten und verschrieb ihr Herztabletten, die sie täglich tagsüber einzunehmen hätte. 
Dann kam sie wieder zur Schule und erzählte mir davon. Für mich war klar, dass ich nachhaken müsste, kannte ich doch ihre komplizierte Familiensituation und dazugehörigen recht patriarchischen Vater. 
Sie klimperte nur mit ihren stark getuschten Riesenaugen als ich sie fragte: "Aber du hältst dich doch daran, dass du isst und deine Medizin einnimmst?"
Ich redete auf sie ein, dass es sehr wichtig wäre, dass sie ihre Gesundheit nicht auf's Spiel setzt und erinnerte sie auch daran, dass der Glaube durchaus für Alte und Kranke diese Ausnahmen gelten ließe. 
Das wusste sie auch.
Leider interessierte das wohl den Vater nicht. 
Fast war ich versucht ihr den Rat zu geben, sie möge doch einfach so tun, als hätte sie ihre Periode. Denn wer blutet, der darf nicht fasten, denn er ist schmutzig. Nicht rein. Und der darf auch nicht mit den männlichen Familienmitgliedern engen Kontakt haben. Denn dann sind auch sie beschmutzt. Dann aber fiel mir ein, dass es auch keine Lösung für den gesamten Ramadanmonat sei und ließ es. Mit Sorgenfalte im Gesicht. Und einem gewissen Maß an Unverständnis den Eltern gegenüber. 

Nun zu unserem Nachbarn:
Wir wohnen in einer ganz engen Wohnstraße. Dies bedeutet, dass unser Haus nur durch eine etwa 5 m breite Straße von der anderen Seite entfernt steht. 
Uns gegenüber ist ein 3 Familienhaus, welches komplett von einer türkischen Familie bewohnt wird. 
Familienoberhaupt ist ein älterer, gehbehinderter Mann, der offensichtlich so gute Kontakte zur Stadt hat, dass er als einziger Mensch (vermutlich auf der gesamten weiten Welt, aber definitiv auf unserer Straße!) DIREKT vor seiner Haustür einen eigenen Behindertenparkplatz hat. Es ist faszinierend: Sobald sich jemand dem Bordstein auch nur nähert, kommt der wirklich nette Sohn des Mannes aus dem Haus, verweist freundlich auf das Schild und erklärt: "Da muss mein Vater gleich seinen Mercedes parken! Der ist für ihn!"
Ja, ja, ihr denkt jetzt, dass ich übertreibe. Aber er fährt wirklich einen dunkelroten klassischen Benz. Und das Schild...naja...so ein wenig habe ich ja das Gefühl, da ist jemand mit dem Schildermacher vom hiesigen Straßenverkehrsamt ganz dicke. Irgendwie so. 
Wie auch immer, jedenfalls ist ja jetzt Ramadan.
Und Vati hört SEIT Wochen permanent von 18-23 Uhr LAUTSTARK türkische Predigten, türkische Musik und türkisches Allerlei, was ich nicht eruieren kann. Das geht so weit, dass wir oftmals die Fenster zur Straßenseite schließen müssen (und wir uns freiwillig Luft kappen!), damit man seinen eigenen TV noch ansatzweise verstehen kann. 
Mich nervt das. 
Ich bin nicht so für Egoismus.
Und kann da dementsprechend nicht souverän mit umgehen.  

Wenn unsere eigene Hauseinfahrt zugeparkt wird, weil es den Leuten scheiß egal ist, ob wir da mit den Autos rauskommen, dann fühle ich mich persönlich angegriffen. 
Wenn ich es mir im Garten gerade gemütlich mache und der geistig minderbemittelte Opa vom Garten gegenüber herumschreit, alle drei Sekunden extrem laut gähnt, wenn er das nicht tut, lautstark rülpst und wenn er dann die Schnauze hält sein Radio mit wundervoller Heimatmelodie befüttert, dann bin ich einfach im Eskalationsmodus. 
Und vom Hahn, ach da reden wir gar nicht drüber, denn ob ihr es glaubt oder nicht: Ich vermute er ist echt hin. Futsch. Weg. Bestenfalls, also für ihn, hat er seine Klamotten gepackt und lebt jetzt irgendwo in einer Bauernhofkommune in einer WG. So wie Rainer Langhans. Mit vielen Hühnern. 
Schlechtestenfalls, ebenfalls für ihn, ist er als Brathähnchen irgendwo auf dem Teller gelandet. Ich hoffe er hat dann geschmeckt und war sehr knusprig. 
Wir könnten an der Stelle beliebig weitermachen. Also ihr vielleicht nicht, aber ich. 
Da fällt mir ein, es wäre ungerecht, wenn ich den Klüngelskerl nicht erwähnen würde. 
Der ist nämlich mitunter auch der nervtötendste Mensch der Welt, weil er tagein tagaus etwa 15 Mal mit seiner Klüngelskerlfanfarenmelodie hier herumcrust. Unglaublich. Kennt ihr die chinesische Wasserfoltermethode? Kommt dem echt nah. 
Wie gesagt: Mich macht das rasend. 
Aber so ist es eben, so mitten im Multikulti-Ruhrpott. 

Wie sagen wir hier so schön: "Dat sin schon fiese Matenten, abba da machse nix! Musse duach!"

Habt ihr auch Nervtöter-Dinge?

Eure Ruhrpott-Penny

P.S.: Morgen ist Bayram (Zuckerfest zur Feier des Endes des Fastenmonats!). Da werde ich mal rüber laufen und mich mit allerlei Leckerem durchfuttern! 😃






7 Kommentare:

  1. Pennylein, Du bist so großartig! Du solltest Dir mal überlegen ein Buch zu schreiben, oder haste schon??? Dein Schreibstil ist einfach herrlich ♥

    Ich wäre auch genervt davon - oh jaaaaaaa!! Die Lindenstraße ist ja mal nix im Gegensatz zu dem, was bei Euch abgeht. Die Produzenten könnten sich mit Sicherheit ein paar Inspirationen bei Euch holen :-)

    Du darfst aber nicht vergessen, dass zu all diesen Geräuschen bald noch eines hinzu kommt. Das Minimolekül wird hoffentlich sein Bestes geben, um endlich auch mal auf Euch aufmerksam zu machen :-))) Und dann schauen wir mal, wer da mit geschlossenen Fenstern in seiner Wohnung sitzen wird ♥

    Fühl Dich gedrückt - Deine Superfanin Kitty!!

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  2. Oh Mann, du machst was durch! Das mit dem Ramadan hab ich imaucjnnie verstanden. Wenigstens Wasser müsste dich ok sein zu trinken. Aber so ist das mit alten Gesetzen. Das war schon immer so und wird auch immer so sein. Aber ich habe es eh nicht so mit Religion, auch wenn ich es sehr spannend finde. Aber nichts für mich :) Bedeutet das Zuckerfest, dass der Nachbar bald wieder "normal" ist? Oder fällt es dir gerade nur so doll auf, weil Sommer ist? Oh, ich gebe Kitty Recht! Du solltest ein Buch schreiben! Was Mario Barth kann, kannst du eindeutig besser :*

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  3. Penny Herzmolekül - ich hätte dann gern ein signiertes Exemplar, wenn es denn so weit ist! :)
    Ich wünsche von Herzen, dass dein Nachbar nicht vor lauter Zuckerfest an Diabetes erkrankt und hoffe für dich, dass alles wieder seinen normalen Weg geht. Ist normal gut??
    Die Nachbarn....aaaaaaaaaaahhhh ja das wäre eigentlich auch mal ein Post wert ;)

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  4. Oh man, so nervige Nachbarn haben wir zum Glück nicht ( die meisten unserer Nachbarn sind weit über 70 )
    Was mich nervt, sind Ungerechtigkeiten. Kriege , die nicht nötig sind ( welcher Krieg ist schon nötig :-(((( ), hungernde Kinder, Diktatoren .
    Ich wunsche dir allerdings kein Kind, das dauernd die Nachbarschaft wach hält, denn dann würde es dich ja auch wachhalten ;-)).
    Und vom Buch hätte ich auch gerne ein signiertes Exemplar.
    Lg
    Birgit

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  5. Also vom Buch hätte ich dann auch gerne eins, natürlich Hand signiert!
    Und zu unserem Nachbarn äußere ich mich jetzt mal nicht, sonst reg ich mich nur wieder auf!

    LG Carinchen *knuddel dich*

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  6. Aufreger-Dinge? Jaa, da gibt es einiges. Aber davon fang ich jetzt besser nicht an.

    Und ab Morgen hat sich die Fasterei ja erledigt :) Ich hoffe mal dass deine Nachbarn heute nicht allzu lange und allzu laut feiern!

    Dicker Drücker :-*

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  7. Meine allesamt lieben Zuckerschnuten, danke für eure tollen Kommentare. Ich fühle mich - ganz offen gesagt - extrem gerührt und geehrt, dass ich die Eine oder Andere von euch schaffe zu unterhalten. :)
    Wenn es mal ein freakiges Buch geben sollte, seid ihr die ersten, die es lesen! Ehrenwort.
    So, ich muss los....2000 kg Börek und feinster Döner warten auf mich auf der anderen Straßenseite. Dazu tanze ich ne Runde Bauchtanz und lasse mir meine Hände mit Henna bemalen. In diesem Sinne: Happy Bayram! ;)

    Eure Penny

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