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Dienstag, 27. Juni 2017

Willkommen in meinem Kopf. Und in meinem Herzen

"Und plötzlich seid ihr zu fünft. Wie ist das denn so? Von einem Kind auf gleich drei, das stelle ich mir wahnsinnig krass vor!?" 

Solche Fragen werden mir ziemlich oft gestellt. Gerade mit ihrem zweiten Kind Schwangere sind neugierig und möchten, dass ich aus´m Herzmolekülschen Nähkästchen plaudere. Ich blicke in ihre ängstlichen Augen. Das ist in etwa so, als würde man jemanden fragen, wie denn so eine OP am offenen Herzen wäre und ob man nicht mal zuschauen könnte? Neugierig. Und ein bisschen Manschetten vor der Antwort.

Und dann lege ich immer los und erzähle bereitwillig, wie das denn jetzt so ist. Emotional. Organisatorisch. Und überhaupt.
"Weil, wenn die Penny das mit drei Kindern (und Zwillingen) irgendwie schafft und überlebt, dann schaffe ich das auch!", so denken sie. 

Ich kann aber ja nur erzählen, wie das bei uns - bei mir - ist. Und ich kann jetzt gerade auf die fast ersten drei (ja, es ist der Hammer, aber nächste Woche sind sie drei Monate alt) Lebensmonate zurückblicken. Da waren noch keine ersten Zähnchen im Anmarsch, da war noch nichts wirklich Ungemütliches außer viele Kolliken dabei. Das wird noch folgen und dann wird es vielleicht auch mal andere Statements von mir geben.

Das Leben mit drei Kindern, drei kleinen Kindern, ist schön. Und chaotisch. Und absolut lebenswert, auch wenn ich wirklich jeden Abend ziemlich geschafft bin, so bin ich längst nicht so ausgepowert, wie ich es beim Minimolekül war. Denn da war alles neu, man war absolut durchgeknallter Erstlingselter und - nehmen Sie mir das jetzt nicht krumm, denn ich spreche da ja auch für mich - als Elter des ersten Kindes hat man leider, leider so richtig einen an der Murmel. 
Was soll´n wir es beschönigen, wenn´s Fakt ist?

Erstlingseltern drehen am Kabel, wenn das Kind schreit. Weil man irgendwo mal gelesen hat, dass man am Schrei des Kindes erkennt, was es hat. Und weil man dann da sitzt und versucht in den 3,58 Millisekunden, in denen man das Kind schreien lässt, herauszufinden, ob es da tatsächlich einen Schreiunterschied gibt? Und man dann klatschnassgeschwitzt mit Schuldgefühlen beladen, weil man es eben nicht unterscheiden kann, das Potpouri der guten Laune auffährt, sprich: 
Hunger, Pipi, AA, Nähe, irgendwas Anderes, Langeweile, zu kalt, zu warm, falsche Liegeposition, Bock auf´n Buch?

Und irgendwas von dem passt dann oder vielleicht auch nicht. Und dann geht es weiter mit den Schuldgefühlen, weil man es einfach nicht drauf hat und ALLE ANDEREN wüssten jetzt, was ihre Melody-Sunshine für ein Bedürfnis hat, nur ich, die offensichtlich schwerhörige Losermami, die weiß es nicht.
Man macht es sich schwer. Unnötig oftmals, aber das sagt einem ja keiner. Weil wir es ja auch lieber für uns behalten, denn auf kluge Tipps Anderer, ne, danke, da verzichtet man lieber.
Was fehlt sind ehrliche Menschen, die sagen: 
"Das ist dein erstes Kind. Du bist soeben auf einen völlig anderen Planeten gepurzelt. Alles ist anders. Neu. Und du musst dich da erstmal wiederfinden. Neu erfinden teilweise. Und was ich ganz, ganz wichtig finde: Suche dich wirklich wieder. Verliere dich nicht aus den Augen."
Ich habe es zu oft erlebt, dass die werdenden Muddis noch hochtrabend erzählten, dass sie ja auf gar keinen Fall so eine Mutter sein werden, die sich vergessen/links liegen lassen und nichts mehr von ihnen überbleibt, bis sie dann das Kind bekamen und was soll ich sagen: so schade.
(Dazu erinnere ich mich an meinen polarisierendsten Post aller Zeiten!)

Zurück zum Ist. Nach drei "Übungssäuglingen" kann ich jetzt sagen: Ich erkenne langsam -  ab und zu - tatsächlich Unterschiede. Ein schrilles Meckergeschreische vom Ballerinamolekül und ich weiß: "Hui, die kleine Dame ist müde." 
Ein Knöttermeckern des kleinen Punkmoleküls und ich muss das Minikind hochnehmen, weil da ein Bäuerchen raus muss. 
Allmählich wird das was. Aber ich habe dafür drei Kinder, davon zwei parallel bekommen müssen. Und es ist auch trotzdem oft noch so, dass meine Interpretation nicht zusagt und ich dann weitersuche nach dem Heiligen Gral, der das Baby beruhigt und zufrieden macht.
Und hier sind wir an einem Punkt, der ist wirklich unfassbar zu schreiben: Das kommt nicht oft vor. Ich weiß nicht, ob es an meiner besonnenen Art (Herr Herzmolekül, halte dich da schön raus!) liegt, an meiner Zufriedenheit und meinen Glücksmolekülen oder einfach daran, dass wir - nach einem sagen wir ziemlich anspruchsvollen Minimolekül - nun zwei lässige Mädchen haben, aber es ist so. Die beiden Ladies sind ziemlich zufrieden. Schlafen viel und gut. Besonders in der N...haha...ich bin jetzt kein Anfänger mehr, DAS schreibe ich definitiv nicht aus...Sie lachen viel, sind neugierig und aufgeweckt, kämpfen mittlerweile immer weniger mit schlimmen Kolliken und waren selbst da, in den Bauchwehhochzeiten, sowas von umgänglich. Einfach unglaublich.
Früher habe ich Menschen richtig stocksauer angestarrt, wenn sie mir von ihrem superpflegeleichten Baby erzählt haben. Und aus Selbstschutz habe ich denen das nicht abgekauft. Ich vermutete dahinter eine Verschwörung. Es konnte kein Baby geben, was stets zufrieden ist (bis auf kleine Ausnahmen), was nicht nicht abgelegt werden konnte, was alleine einschlief, ohne Armschunkelei und nicht wieder wach wurde, sobald es abgelegt wurde. DAS konnte, nein, das DURFTE es nicht geben. Denn dann hätte ich mich noch beschissener gefühlt, weil mein kleines, so liebreizendes Minimolekül der absolute Antischläfer war. Mit wochenenlangen Schreianfällen am Abend. Stundenlang. Anpassungsstörungen, nannte der KiArzt es letztlich. 
Und jetzt? Hamwa nich´!

Was wir aber haben sind drei Kinder. Jedes davon bereits jetzt schon so unterschiedlich in seiner Art. Und jedes davon auch verschieden in seinen Bedürfnissen. Die Punkerlady liebt es zum Beispiel ganz eng in der Bauchtrage an mir. Das Balletmolekülchen findet das albern. Und wird sehr, sehr mies gelaunt, wenn ich mit der Trage auch nur um die Ecke komme. Sie möchte etwas sehen und trainiert deswegen fleißig ihre Nackenmuskulatur. Und das Minimolekül? 
Das mag es "Katsch" zu machen. Den lieben langen Tag (manchmal ist so´n Tag ja wirklich verdammt lange. Vor allem, wenn es regnet und wir nichts vorhaben, puuuuuh) soll ich also mit ihm Quatsch machen, was bedeutet: Wasserpistolenschlacht, Einkaufen kommen in seinem Supermarkt, mit ihm in der Nestschaukel abhängen und so hoch schaukeln, dass uns beiden ganz schwindelig wird, Bücher lesen, Laufrad fahren, Helm anziehen und ausziehen und anziehen und ausziehen und Sie wissen schon, Roller fahren, beim Trampolin hüpfen jubeln oder selber hüpfen, aber da hat mir mein Beckenboden letzte Tage echt einen Vogel gezeigt und ist seitdem grantig und so weiter und so fort.
Und da kommen wir zur eigentlichen Schwierigkeit. Nämlich zu meinem Gewissen. Ich möchte so gerne allen Dreien gerecht werden. Wenn ich mit dem Minimolekül ein Buch lese, kann ich parallel die Babies bekuscheln oder füttern. Wenn das Minimolekül aber schaukeln will und zwar mit mir zusammen und gerade hat eine seiner Schwestern ein anderes Bedürfnis: Halleluja, das ist manchmal wirklich anstrengend. Man erklärt dem "Großen", was los ist und darf dabei nicht außer acht lassen, dass er auch erst 2,5 Jahre alt ist. Er versteht zwar meine Worte, aber er muss nicht verständnisvoll reagieren. Und erst recht muss er damit nicht einverstanden sein, dass ich jetzt erst die Babies füttere und wir dann weiterspielen. Aber diese Momente schaffen wir auch. Zusammen. Mit Kompromissen. Ich bin eine wahre Kompromissqueen geworden. Und obwohl das ungelogen so ist, so ist es auch die Wahrheit, dass ich ab und an aus der Haut fahre. Vor allem, wenn zwei Kinder vor Hunger schreien und das Minimolekül sich dann vor mich stellt, seinen Milchzahnmund aufklappt und laut, seeeeeeeehr laut brüllt, dann bin ich manchmal ziemlich nervlich überstrapaziert und reagiere geladen. Und danach fühle ich mich total beschissen, weil ich so gereizt reagiert habe. Und dann entschuldige ich mich natürlich sofort, das mildert aber mein Beschissenheitsgefühl nicht. 
Und das wiederum ist echt ziemlich blöd. Daran muss ich noch sehr viel arbeiten. 

Um mal ein Fazit zu ziehen: Es gibt keins.
Natürlich gibt es mein eigenes, bedeutungsloses Fazit und das ziehe ich auch gerne. Mir ist aber wichtig, dass das allen Lesenden klar ist. Es ist meins. Sehr persönlich. Mit den Faktoren meines Lebens. Es ist nicht allgemeingültig, nicht objektiv und ich erhebe keinen Anspruch auf das Nonplusultra. Jede(r) macht sein Leben so, wie es ihm zusagt. Zumindest versucht er oder sie es, denn nicht immer können wir das alles selber steuern. Manchmal sind wir machtlos und müssen uns das Leben trotz widriger Umstände schönformen. Keine leichte Aufgabe, glauben Sie mir, ich weiß das ziemlich gut, aber eine lösbare. Denn es gibt - so spricht eben die Optimistin aus mir - immer eine oder zwei oder auch drei Lösungen. Wir müssen nur lernen richtig hinzusehen und sie als Optionen überhaupt zu realisieren.

Aber zurück zum Fazit:
Das einschneidendste Familienzuwachserlebnis hatte ich mit der Geburt des Minimoleküls. Weil ab da alles anders war. Die Geburt der Zwillingsmoleküle war emotional sehr bewegend (wie es nun mal bewegend ist, wenn man plötzlich ein oder sogar zwei Menschlein gebärt), komplimentierte unsere Familie endgültig (obwohl ich auch vorher nie das Gefühl hatte, dass wir zu zweit oder dritt unvollständig waren!) und es ist bereits jetzt so als wäre es nie anders gewesen.
Natürlich waren die ersten Tage für das Minimolekül richtig schlimm. Er hatte da wirklich sehr dran zu knacken. Vor allem, dass ich im Krankenhaus tagelang war, machte ihm noch wochenlang zu schaffen. Aber auch hier fand der kleine Mann sehr schnell wieder zur Normalität zurück, wofür ich sehr dankbar bin. Gerade frisch entbunden, voller Hormone und ein total verständlicherweise durchgeknalltes, überfordertes Kleinkind: uffz. Das war ziemlich hart. Mittlerweile ist es aber kein Thema mehr. Er liebt seine Schwestern (noch!) und findet sie total spannend, wenn sie in die Windel machen (noch!) und dass sie einen Bauchnabel haben und überhaupt. Er wickelt und füttert gerne parallel neben mir seine Kuscheltiere und ist ein liebevoller kleiner Mensch.
Und auch, wenn wir jedem unserer Kinder liebend gerne alle Wünsche erfüllen, so wird doch jener, den er in den letzten Tagen ganz gerne auspricht wohl für immer unerfüllt bleiben:
"Is will einen Bruda habn!"

Ähm.....NEIN! 

4 Kommentare:

  1. So schön und so wahr, was du schreibst. Als Erstlingsmama gleich 2 Jungs zu haben hat mich echt an meine Grenzen getrieben. Rückblickend weiß ich auch ich hab mich viel zu sehr verrückt gemacht, was ich gar nicht wollte. Alleine aus dem Grund würde ich gerne noch eines haben, dann als etwas erfahrenere Mama. Bei euch hört es sich alles in allem sehr harmonisch und super an. Dein Minimolekül mit seinen Sprüchen möchte ich am liebsten auffressen. Könnte mir vorstellen, dass er sehr nach seiner Mama kommt. Du machst das echt spitze und ich freue mich jeden Tag auf deine Tweets. Rock on, MolekülFamily..
    Ju's und Jo's Mama

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    1. Du hast einen soooooo wahnsinnig tollen Namen. Herrje, ist der schön. ❤

      Und danke für die Wortblumen. Ich bin ganz gerührt. Drücke dich.

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  2. Hey Penny!
    ich finde es sehr interessant, dass du vorher nicht dieses "Ich fühle mich unvollständig" hattest - und nun seid ihr so oder so vollständig - ich dachte immer man wünscht sich noch ein/ zwei Kind(er) oder fühlt sich noch nicht erfüllt... sehr interessant! Ich weiß selber nicht wie ich über ein weiteres Mäuschen fühle - bin da bei jain... sollte mein Mann sich mal erfolgreich therapieren dann evtl. :)
    Ich wünsche euch weiterhin eine tolle Zeit!
    Alles Liebe

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