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Samstag, 13. Juni 2015

Der letzte Teil der Trilogie: Das unerwartete Berta-Ende

So, nach einem Kurztrip auf die Bahamas (meine Schulleitung war der Meinung, dass ich als Lehrerin des Monats Mai mitsamt dieser MOM des Jahres Nominierung NEBEN dem alltäglichen Wahnsinn, der sich derzeit in der Anstalt abspielt, es ganz bitter nötig hätte etwas auszuspannen und sponserte mir diesen Sonderurlaub. By the way: Ich liebe diese Spontanität im Beamtentum!) und nach ausgiebiger Erholungsphase nach dem Urlaub, denn Faul sein und sich den halben Tag von willigen Händen die geschwollenen Füße massieren lassen...puuuuh, hat mich feddich gemacht, ernsthaft, bin ich jetzt wieder da. 
Und weil ich mir jetzt nicht weitere fünf bis dreiundneunzig Tage an den Füßen spiele möchte, die jetzt sooooo glatt und weich und beneidenswert wenig benutzt sind wie die des Minimolekülmannes, melde ich mich aus der Tropikzentrale zu Wort! 

Berta Balkenbraue, nach der hat mich der/die Eine oder Andere in den letzten Wochen öfter gefragt. 
Und immer musste ich entgegnen, dass es nichts Neues gibt, weil sie sich der Schule und somit auch mir total entzogen hatte, bis dann offiziell ihr MuSchutz anfing. 
Sie "mir entglitten" zu nennen, trifft es nur halb. Denn auch, wenn sie sich mir anvertraute, so blieb sie mir doch im Grunde die ganze Zeit über hartnäckig distanziert. Anfänglich fuchste mich das ja aus unterschiedlichen Motiven:

1.Pädagogisch sind gerade solche SchülerInnen eine Herausforderung und ich empfinde stets ein "nicht Erreichen" als persönliches Scheitern. Noch immer mag ich nicht einsehen, dass ich nicht jeden retten kann und man vor allem nur retten kann, wer sich rettbar verhält. 

2. Das Baby. Ein für mich in diesem Fall noch viel bedeutenderer und traurigerer, mitnehmender Grund. Der wichtigste. Und letztlich der, der mich emotional ziemlich an meine Grenzen brachte. Es tat mir weh als würde meinem eigenen Kind als das angetan werden, was Berta tat. Dieses starke Rauchen, der Alkoholkonsum und als wäre dies nicht schon genug Tragik, der gesamte gefühlskalte Umgang mitsamt der "Auslandsverschickung" und nichtsahnender (Groß)Eltern. 


Vielleicht hatte sie die Nase voll von meinen Blicken, wenn ich sie mal wieder mit der Fluppe sah? Oder von meinen anderen besorgten Äußerungen?
Vielleicht war es aber auch ihr eigenes schlechtes Gewissen, weil sie insgeheim doch um mögliche Konsequenzen für ihr Ungeborenes wusste und ich sie auch ohne Worte immer wieder ungebeten daran erinnerte? 
Was auch immer es war, so kam immer nachlässiger zur Schule und entzog sich mir immer mehr bis sie letztlich gar nicht mehr zur Schule kam. 
Natürlich stimmte mich das wiederum traurig und ich dachte sehr oft an sie - und um ganz ehrlich zu sein - noch mehr an ihr Baby. 

Bekam sie wirklich allen Ernstes vor ihren Eltern verheimlicht ein Kind? 
Würde sie das tatsächlich durchziehen und ihren Sohn ihrer Tante übergeben? 


Die Antworten drauf sollte ich bald bekommen. 


Letzte Woche (als ich auf den Bahamas...ihr wisst schon...aber ich war per Video-Livekonferenz dabei und es war seeeeeehr authentisch!) kamen eine sichtlich entschwängerte Berta und...tadaaaaa ihr VATER! bei uns vorbei und dieser erzählte folgende Geschichte: 

Zwei Tage vor der Geburt (der Plan zur Tante vorher zu gehen hatte sich zerschlagen und Berta zog ihr heimliches Kindbekommen einfach knallhart so durch!) sagte der aufmerksame Vater: "Mensch Berta, n' bissken rund bisse ja in letzta Zeit schon geworden. Da schmeckt die Schokolade abba grad besonders lecka, wa?"
Was Berta dazu veranlasste dies zu bejahen, hinterherzuschieben, dass es ihr auch irgendwie gar nicht gutgehen würde und sie mal besser zur Abklärung der Ursache (höhö) ins Krankenhaus gehe. 

Gesagt. Getan. 
Berta ging mit Wehen ins Krankenhaus und entband wenige Wochen vor dem ET einen Sohn, der nach Aussage des Vaters gesund sei. 

Dem Vater kam der "freiwillige" Krankenhausaufenthalt der Tochter dann doch eigenartig vor und ging sie nach zwei!! Tagen besuchen. Auf der Wöchnerinnenstation. 
Da lag sie nun, jedoch ohne Baby, denn sie hatte sich das Kind nach der Geburt nicht einmal anschauen wollen, sondern bat sofort darum, dass man das Kind nähme und sie es zur Adoption freigäbe. 
Ich weiß nicht, wie oder ob sich überhaupt das Vorhaben das Kind der Tante zu überlassen erledigt hatte, aber so die Geschichte vom Vater. 
Der Vater wollte nun wissen was los sei und drängte Berta dazu endlich, endlich die Wahrheit zu sagen. 
Und dann erfuhr er, dass er Großvater eines Enkelsohnes geworden ist. 


Wie ging es weiter? 

Nun, anders als ich es jemals erwartet habe. 
Die Eltern haben Berta und das Baby mit nach Hause genommen. Für sie ist es keine Frage gewesen, dass sie sich des Babies und ihrer Tochter annehmen. 

Berta tut sich emotional sehr schwer, hat keine Bindung, aber wie auch, wenn sie sich monatelang mühevoll eine schützende Mauer aufgebaut hat? 
Der Vater ist sich jedoch sicher, dass sie auf einem guten Weg ist und sie mit der Zeit eine stabile Beziehung zu ihrem Kind aufbauen wird. 

Aber kann man diese Einschätzung wirklich einem Mann glauben, dessen Tochter von ihm unbemerkt ihre gequollenen Schwangerschaftsfüße unter seinen Tisch gestellt hat? 
Ich bin da skeptisch. 

Auch tu ich mich schwer die Wendung dieser Geschichte als uneingeschränkt positiv zu bewerten. 
Natürlich bin ich sehr erleichtert, dass diese inoffizielle "Kinddealerei" nicht stattfand. 
Oder es noch zu schlimmeren Affekthandlungen kam. 
Ja, da bin ich wahrhaftig froh. 
Auch, dass Berta nicht ins Frauenhaus oder sonstwohin fliehen musste, nachdem der Vater die Wahrheit herausfand, ist gut. 

Aber bei dem Gedanken daran in welch einem Umfeld dieses Kind nun aufwachsen muss und dass es dadurch prinzipiell wenig Chancen hat dort rauszukommen und vor allem, wenn ich daran denke, wie viele liebevolle Paare genau auf dieses Kind sehnsüchtig warten, die auf einer Liste für Adoptionseltern stehen und dieser eine Anruf hätte kommen können, der ihres bereichert und das Leben des Berta-Babies in eine ganz andere Bahn gelenkt hätte, das lässt mich dann doch letztlich nachdenklich zurück. 


So, ich bin dann mal wieder weg. 

Habt ein schönes restliches Wochenende

wünscht euch eure Penny,
die komplett überwältigt davon ist, dass der Minimolekülmann robbt. So richtig. Seit heute. Und es ist wahnsinnig ergreifend anzusehen, wie er kilometerweit (gefühlte) mit seinem Astralbody über den Boden gleitet! ❤️



10 Kommentare:

  1. Die Geschichte um Berta ist so schön wie auch traurig zugleich! Wirkte der Papa authentisch? Ich meine, wenn er und seine Frau dem (Enkel-)Kind die Liebe geben werden, die Berta vermutlich nie bekommen hat, ist es wunderbar! Aber nur aus (verletztem!?) Stolz ein Baby zu behalten, wäre das letzte, was ich dem Wurm wünsche! Wie du schon schreibst: es gibt zig bzw. Hunderte an Paaren, die diesem kleinen Wesen die Welt zu Füßen legen würdeN.

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    1. Ich glaube nicht, dass es was mit verletztem Stolz zu tun hat. Die Eltern waren - es geht zwar nicht in meine Hirse, aber so sagen sie es nunmal - wirklich erstaunt, dass Berta schwanger war und für sie war an dem Moment klar, dass sie ihr Enkelkind aufziehen möchten. Dennoch bleibe ich sehr verhalten, ob das gutgeht. ;(

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  2. Hmm. Gemischte Gefühle... Ob es für dieses Kind nun wirklich so gut ist bei einer Mutter aufzuwachsen, die keinerlei Bindung zu diesem Kind hat? Klar kann sie die nicht haben weil sie sich ja stark verboten hat auch nur irgendeine Bindung zu diesem Kind aufzubauen.

    Möglicherweise wäre dieser Junge aber bei Adoptiveltern doch besser aufgehoben, die ihn von Anfang an so lieben wie er es verdient hat.

    Andererseits... Vielleicht schafft sie es ja? Ihren Sohn so zu lieben wie er es verdient hat?

    Ich hoffe das Beste. Für sie. Und für ihren Sohn.

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    1. Ich hoffe auch das Beste. Aber manchmal ist selbst das Beste nicht gut genug...:(

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  3. Also, ich bin da auch hin- und hergerissen. Hoffen wir für Berta, dass sie wegen dem Baby nun endlich ein wenig auftaut und lernt, dass man wundervolle, liebevolle und emotionale Beziehungen wirklich leben kann!

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    1. Ich werde Berta die nächsten zwei Jahre als Klassenlehrerin unter meiner Fuchtel haben und so nah dran sein am Geschehen. Wir werden sehen...

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  4. Hey meine kleine Honolulu-Lady :)

    Die Story ist fast filmreif. Für mich immer noch unvorstellbar, dass das die Realität ist und die eigenen Eltern nicht merken, dass ihre Tochter schwanger ist.

    Berta selbst macht ja anhand Deiner Ausführungen selbst nicht den Eindruck, als wenn sie in einem liebevollen Zuhause mit viel Zuneigung groß geworden ist und ähnlich stelle ich mir das Aufwachsen des kleinen Berto´s vor. Ich finde es nach wie vor traurig und hoffe ebenfalls, dass er es gut haben wird.

    Sie kann froh sein, dass Du sie umfuchteln wirst!!!

    I drück you!!!

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    1. Ich bin auch sehr extrem skeptisch, ob das da gutgeht. Ich werde berichten und drücke You derweil unentwegt heftig zurück. :-*

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  5. Hach, du schreibst immer soo unterhaltsam. *Schmacht*. :-) So eine Berta-Story hatte ich vor einem halben Jahr auch. Meine Berta erzählte mir ganz stolz, dass sie ihren Zigarettenkonsum ab der 14. Ssw ursprünglich von einem Päckchen auf fünf reduziert habe, sie es aber komplett nicht lassen könne. Ich war zu der Zeit frisch schwanger und hätte sie am liebsten mal durchgeschüttelt, um sie zur Vernunft zu bringen. Ich habe seitdem auch nichts mehr von ihr gehört. Ich hoffe, dass es unsere Bertas mit ihren Bertos gut haben werden und die Kleinen trotz des Giftes gesund auf die Welt kommen bzw. gekommen sind und sie mehr Liebe in ihren Familien erfahren als wir es hier für möglich halten. Liebste Grüße

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  6. Oh, danke für das herzige Kompliment. :-*

    Wow, diese Bertas sind wohl weit verbreitet. Leider. Hat deine Berta das auch vor ihren Eltern geheim gehalten?
    Mensch, sowas tut echt weh, wenn man mitansehen muss, wie manche Frauen mit dem Leben ihres Kindes umgehen. Ich bin dann immer so voller Emotionen. Auch bevor ich schwanger wurde, könnte ich rauchende Schwangere nicht ertragen. Und jetzt ist es natürlich nicht besser geworden. Ich verachte diese Menschinnen, die ihren Egoismus ihrem Kind vorziehen.

    Ganz liebe Grüße zurück. :)

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