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Donnerstag, 13. März 2014

Nachdem sich der Nebel verzog

Ich habe heute zwei Praktikumsbesuche gemacht. 
Einer davon war irgendwie...eigenartig. Besonders. Urkomisch. 
Zwei Schülerinnen zusammen in einem türkischen (Ja, ja!) Friseursalon. 
Die türkisch sprechende Ladenbesitzerin war freundlich und sprach unentwegt auf Türkisch mit mir. 
Die einzigen beiden Dinge, die sie auf Deutsch zu mir sprach waren: "Alles gut!" und "Immer vor Tür, wenn Laden noch zu!"
Damit war ich zufrieden.
Ich denke, hätte sie etwas zu meckern, wäre das auch mit Gesten verständlich geworden. 
Aber da sie dabei schon recht freundlich lächelte, kann es so schlimm nicht sein. 
Die beiden Mädels freuten sich richtig mich zu sehen, obgleich sie auch überrascht waren. 
Im Normalfall melde ich meine Besuche auch an, aber da das gestern telefonisch offenbar nicht geklappt hat (es ist nicht so, dass ich nicht anrief. Ne, wirklich nicht. Es war eher so, dass ich innerhalb von vier Telefonminuten 4x weitergereicht wurde, jedes Mal bruchstückhafter mein Anliegen erklärte - von "Ich komme von Schule XY. Kennen Sie S und G? Ich will sie morgen besuchen!" bis "Hier ist Schule XY. Ich komme morgen um 11:30 Uhr" - am Ende ein genuscheltes "Ja" bekam und davon ausging, das wird schon!), war es eine große Überraschung für alle Beteiligten. Macht nichts. 
Jedenfalls waren in diesem Raum - es wäre wirklich weit gegriffen ihn als Salon zu bezeichnen - zusammengequetschte 10 vorwiegend türkische Damen und schon als ich den Laden betrat, musste ich durch einen Nebeldunst versuchen meine "Kinder" dort ausfindig zu machen. 
Da saßen sie nun auf ihren Stühlen: Mütter, Großmütter und Töchter und allesamt hatten lässig eine Zigarette im Mund. Die eine bat gerade ihre Begleitung, während ihr die Haare eingeschäumt wurden, die Kippe anzustecken, die andere zog mit Kippe im Mund und Frotteetuch auf dem Kopf zurück auf ihren Stuhl und eine meine Schülerin trocknete ihr die Haare, während sie genüsslich rauchte. 
Seitdem ich den Raum nun betreten hatte, beäugten mich 10 Augenpaare. Alles verstummte. 
Was will diese Exotin denn hier? 
Die Mädchen kamen angestürmt und erzählten zurückhaltend wie es denn so wäre. Auch ihnen war es sichtlich unangenehm, dass die Damen in der Reihe sitzend uns anstarrten. 
Da stand ich nun an der Wellblechtheke in diesem völlig überfüllten "Lädchen" und da sprach die Dame, deren Haar gerade von S abgerubbelt wurde mit Fluppe im Mund zu mir:
"Isch kenne das Mädschen (das ihr die Haare trocknete) nisch gut. Isch schwör 
isch seh die heut zum ersten Mal. Aber sie hat gutes Läscheln. Is nett und lieb. Und bringt immer was zu trinken. Das muss isch Ihnen jetzt sagen!"
Ich bedanke mich bei ihr für diese Auskunft, verabschiede mich nach einiger Zeit des unbeholfenen Rumstehens und Angeschaut werdens artig von allen Menschinnen dort und verlasse den Ort. 

Draußen nehme ich einen tiefen Atemzug der frischen, unnikotinierten Frühlingsluft und bin mal wieder ob der Tatsache fasziniert, dass mitten drin, im Herzen des Ruhrgebiets ein für sich selbst bestehender mit eigenen Regeln existierender Kosmos gerade ein kleines Stück die Tür für mich geöffnet hat. 

Ich durfte hereinblinzeln. 
Ich durfte die ungeschminkten Fakten erleben. 
Und am Ende, ja da wurde mir sogar auf Deutsch von allen Anwesenden ein freundliches "Ihnen noch einen schönen Tag" hinterhergerufen. 

Lasst eure Moleküle ruhig mal eine andere Sprache sprechen oder hören. 

Das kann besonders sein. 

Penny




2 Kommentare:

  1. Guten Morgen Penny,
    also ich muss jetzt einfach mal sagen: Ich liebe die Art wie du schreibst! Wunderschön! Wirklich!
    Und ja, mit dem was du da sagst hast du vollkommen Recht.
    In diesem Sinne: Buona giornata ;)
    GLG

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  2. Ooooooh, vielen lieben Dank, liebe J.B. Jetzt machst du mich hier aber verlegen. :)

    Ciao Penny

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