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Dienstag, 6. Mai 2014

Denn sie wissen nicht, was sie tun...

Sie wissen nicht, dass die Städte derzeit mit Plakaten zugekleistert sind. 
Wenn man sie danach fragt, antworten diejenigen, die kurz nachdenken, dass es wohl Zirkusplakate sein können. 
Sie wissen nicht, dass Hamburg einen Hafen hat. Dass es dort einige Sehenswürdigkeiten gibt. Dass man auf der Reeperbahn lustige Gestalten antreffen kann. Dass man den Fischmarkt besuchen kann. 
Sie wissen nicht, dass Matrosen auf dem Schiff arbeiten. Für sie sind es Prostituierte. 
Sie wissen nicht, dass Berlin einmal zweigeteilt war. Sie wissen nicht, dass Berlin so wunderbare Flecken hat, so viel Aufregendes zu bieten hat. 
Sie wissen nicht, dass hier an einem der größten Einkaufszentren Europas, in dem sie regelmäßig shoppen gehen, eine riesige Musicalhalle gebaut ist. Sie wissen auch deswegen nicht, dass sie damals für "Tabaluga" in Form eines Drachen gebaut wurde. 
"Wir gehen da zum Shoppen hin", sagen sie mir, wenn ich sie ungläubig danach frage. 
Sie wissen nicht, dass man sich Fahrkarten nicht unbedingt am Morgen eines Schultages kaufen braucht. Und sie wissen ebenfalls nicht, dass man sich Arzttermine durchaus in den Nachmittag legen lassen kann. Wenn man sie darauf hinweist, sind sie jedes Mal erneut völlig überrascht. 
Sie wissen (immer noch) nicht, was das Präsens ist, wofür eine Krankenversicherung gut ist und wenn ich sie frage, welcher Monat beispielsweise der achte ist, dann wissen sie das ebenfalls nicht. 
Sie wissen nicht, dass es wirklich möglich ist anhand einer analogen Uhr die Uhrzeit abzulesen. Und wenn sie es wissen, dann können sie es eben nicht. 
Sie wissen nichts von Jan Delay. Von Herbert Grönemeyer. Von Goethe. Schiller. Shakespeare. 
Und sie wissen nicht, dass es sich nicht gehört seine Lehrerin um 23 Uhr nochmal kurz anzutexten, weil dringende Dinge nun besprochen werden müssen. 

Dafür wissen sie, dass sie so wie sie sind, mit all ihren Fehlbarkeiten, ihrem Unwissen, ihrem vollkommen blinden Durch_die_Gegend_Rennen, ihrem Scheuklappendenken akzeptiert werden. 
Sie wissen, dass dann eben alles 25 Mal und mehr wiederholt und es morgen trotzdem wieder vergessen sein wird. 
Dass sie in ihrem Leben eben mehr ackern müssen, um etwas zu erreichen, das wissen auch die meisten von ihnen. 
Und dass sie dabei begleitet werden. 
Und dass ich nicht tagelang sauer bin, wenn ich mit ihnen meckere, das wissen sie auch. 
Sie wissen, was falsch ist, auch wenn sie es trotzdem immer und immer wieder falsch machen. 

Im Grunde wissen sie mehr als wir glauben. 





2 Kommentare:

  1. Hmm. Ist es im Grunde nicht so dass wir alle mehr wissen als wir glauben? Zwar doch in anderer Hinsicht wie diese jungen Mitmenschen. Aber eben doch auch.
    Wir wissen vieles. Nur wollen wir vieles nicht wahrhaben. Meistens. Und manchmal vertrauen wir uns einfach selbst. Vorbehaltlos. Und wissen dann was wir eben wissen.
    Und eines weiß ich mit Sicherheit: Dass diese jungen Menschen sehr froh sein können, und das garantiert auch sind, eine Lehrerin wie dich zu haben!
    ♥♥♥

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    1. Ach herrje, du machst mich ganz verlegen. Tausend Dank dafür. ❤️

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